Spechte sind faszinierende Vögel, die nicht nur dank ihres charakteristischen Trommelns auffallen, sondern auch eine wichtige Rolle im Ökosystem und für die Biodiversität spielen. In Niederösterreich sind verschiedene Spechtarten heimisch, die mit ihrer Begeisterung Höhlen zu bauen so manch anderem Tier eine Unterkunft verschaffen.
Spechte gehören zur Familie der Picidae und sind bekannt dafür, dass sie mit ihrem kräftigen Schnabel unermüdlich Löcher in Bäume hacken. Etwa 12.000-mal klopfen Spechte täglich gegen Baumstämme und das mit einer Geschwindigkeit von sechs bis sieben Meter pro Sekunde. Sie haben dazu einen besonders starken geraden Schnabel, das Gehirn dagegen ist vergleichsweise klein und leicht und erleidet deshalb durch die Erschütterung keinen Schaden.
Lebensraum und Nahrung. Spechte bewohnen eine Vielzahl von Lebensräumen, von Wäldern bis hin zu Parks und auch Gärten. Sie sind aber immer auf das Vorhandensein von Bäumen angewiesen, denn in diese zimmern sie ihre Brut- und Schlafhöhlen. Die bevorzugte Nahrung der meisten Spechtarten besteht aus Insekten, die sie entweder im Holz (unter der Baumrinde bzw. Borke oder im morschen Holz) oder im Boden suchen. Einige Arten fressen auch pflanzliche Nahrung – der Buntspecht etwa Nüsse und andere Baumsamen, im Winter vor allem jene von Koniferen. Er klemmt dazu die Zapfen in Astgabeln oder hinter Rindenstücke und benutzt diese wie einen Schraubstock, das sind die sogenannten Spechtschmieden.
Lebensweise. Spechte sind territoriale Vögel, die ihre Reviere durch Rufen und Trommeln markieren. Beide Aktivitäten haben auch bei der Balz und Paarung eine wichtige Funktion. Die Vögel bauen ganzjährig Höhlen – im Winterhalbjahr dienen sie als Schlafhöhlen, zur Brutzeit für die Jungenaufzucht. Viele davon nutzen auch andere Tiere als Unterkunft. Spechte verfügen über kurze, kräftige Läufe mit starken Krallen – so schaffen sie es an Baumstämmen hochzulaufen. Sie haben zwei paarig gestellte Zehen nach vorne, zwei nach hinten – nur beim Dreizehenspecht gibt es lediglich eine Zehe nach hinten. Die besonders kräftigen Schwanzfedern fungieren beim Klettern als Stütze. Auch die speziell geformte Zunge der Tiere ist etwas Besonderes: Spechte können sie weiter herausstrecken und auf der Spitze sitzen kleine Widerhaken, um Insekten aus Ritzen zu holen, hier hilft auch der klebrige Speichel mit.
Vorkommen. In Niederösterreich kommen zehn verschiedene Arten vor: Einige Spechtarten finden sich auch auf den Roten Listen der bedrohten Arten, so ist z. B. der Wendehals als gefährdet eingestuft. Blut- und Grauspecht sind auf der Vorwarnliste, hier droht also eine Gefährdung. Der am häufigsten anzutreffende Vertreter ist der Buntspecht. Er zeichnet sich durch ein erweitertes Nahrungsrepertoire aus, ist oft Gast an Futterhäusern und erbeutet sogar regelmäßig Jungvögel von Höhlenbrütern. Sein Gefieder ist schwarz-weiß mit roten Flecken an Kopf und Bauch. Der Weißrückenspecht hingegen ist die seltenste Spechtart Mitteleuropas, da er sehr hohe Ansprüche an seine von ihm bewohnten Waldgebiete stellt. Er braucht alte Buchenwälder mit einem hohen Anteil an Alt- bzw. Totholz.
In Niederösterreich gibt es zahlreiche Spechtarten, u. a. Wendehals (oben links), Buntspecht (oben rechts), Grünspecht (unten links) und Schwarzspecht (unten rechts).
Erdspechte. Grün- und Grauspecht zählen zu den Erdspechten. Ihre bevorzugte Nahrung besteht aus Ameisen und deren Puppen, die sie am Boden suchen. Die gleiche Lieblingsspeise hat auch der Wendehals – ein Zugvogel, der in Europa und Asien brütet, die Winter aber in Afrika verbringt. Der Wendehals ist vom Verhalten und Aussehen her kein Specht im typischen Sinn, er zählt innerhalb der Spechtfamilie zu den Wendehälsen. Der Grünspecht ist bekannt für seine lauten Rufe. Er bevorzugt halboffene Landschaften mit alten Bäumen und ist häufig auf Streuobstwiesen, in Parks und an Waldrändern anzutreffen. Grün- und Grauspecht ähneln einander, der Grünspecht ist etwas größer und seine Gesichtsmaske ist dunkler. Die Erdspechte hämmern weniger auf Baumstämme als alle anderen Spechte.
Der Riese unter den Spechten. Der Schwarzspecht ist der größte heimische Specht und zeichnet sich durch sein schwarzes Gefieder aus. Das Männchen hat eine Rotfärbung, die vom Nacken bis zur Stirn verläuft. Diese endet beim Weibchen in der Mitte des Kopfes. Mit bis zu 340 Gramm ist er ähnlich groß wie eine Saatkrähe, aber bedeutend schlanker und mit längerem Schwanz. Er ist der zweitgrößte Specht weltweit. Vor allem die großen Höhlen des Schwarzspechts, die er bevorzugt in großen Rotbuchen anlegt, sind für viele Folgebewohner besonders nützlich.
Achtung Verwechslungsgefahr. Buntspecht, Blutspecht, Kleinspecht und Mittelspecht ähneln einander mit ihrem schwarz-weiß-rotem Gefieder. Bunt- und Blutspecht-Männchen haben jeweils einen roten Nackenfleck, der den Weibchen fehlt. Beim Blutspecht sind die Unterschwanzdecken blasser rot als beim Buntspecht, auch fehlt ihm der senkrechte schwarze Streifen im Gesicht. Der Kleinspecht ist der kleinste österreichische Specht und ist oft in Eichen- und Auenwäldern anzutreffen. Der Mittelspecht sieht dem Buntspecht besonders ähnlich, bei ihm ist aber die ganze Kopfkappe rot gefärbt, die schwarze Gesichtszeichnung weniger ausgedehnt und die Unterseite verwaschen gezeichnet.
Bedeutend für das Ökosystem. Als unverzichtbare Architekten des Waldes schaffen Spechte durch ihr Hacken Höhlen, die später auch zum Teil von anderen Tieren, wie Vögel, Säugetiere und verschiedenen Insekten, als Nistplätze und Unterkunft genutzt werden. Die Hohltaube ist beispielsweise komplett auf (Schwarz-)Spechthöhlen und alte Bäume angewiesen, denn sie kann selbst gar keine Höhlen bauen. Aber auch andere höhlenbrütende Vogelarten, Eulen und Käuze, Fledermäuse, Baummarder und Siebenschläfer beziehen die Höhlen gerne. Auch Hautflügler, wie zum Beispiel Hornissen, sind dort zu finden. Die Spechte sind also ein wichtiger Teil des Ökosystems Wald. Außerdem tragen sie zur Zersetzung des Totholzes bei und fördern damit auch den Nährstoffkreislauf im Wald. Und nebenbei helfen sie dabei, die Schädlingspopulationen im Holz zu kontrollieren.
Spechtschäden an Gebäuden. So wertvoll die Tätigkeiten der Spechte im Wald sind, so ärgerlich sind Schäden, die an Gebäudefassaden von ihnen verursacht werden. Vor allem in wärmegedämmten Fassaden werden Höhlen gebaut, da sie ähnlich leicht zu bearbeiten sind wie morsches Holz. Es gibt Maßnahmen, um das zu verhindern: Einerseits sind begrünte Fassaden bei Spechten weniger beliebt, weil sie keine freien Oberflächen bieten, hilfreich sind aber auch besonders glatte und harte Verputze. Gitter, reflektierende Elemente oder Specht-Attrappen an der Fassade sorgen dafür, sie weniger attraktiv für die fliegenden Höhlenbauer zu machen. Redaktion/SOL
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