Umwelt und Energie - Header - Link zur Startseite des Landes Niederösterreich

Forschen Sie mit!

 

Hatten Sie als Kind auch den Wunsch Forscherin/Forscher zu werden? Für alle, bei denen es mit dem Berufswunsch so nicht ganz geklappt hat, eine gute Nachricht: Dank Citizen Science können Sie sich aktiv an Forschungsprojekten beteiligen. Wir stellen Ihnen die Methode und einige Projekte vor.

Text: Silvia Osterkorn-Lederer

 

Citizen Science (CS) ist eine Methode der wissenschaftlichen Forschung, die sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Bei CS-Projekten arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern zusammen. Die „Hobbyforscherinnen und -forscher“ übernehmen unterschiedlichste Tätigkeiten, um bei den Projekten mitzuwirken: Forschungsfragen definieren, Daten sammeln, Sichtungen melden, Texte erstellen, Proben nehmen, Publikationen verfassen oder bei der Datenauswertung unterstützen. So tragen sie durch aktive Mitarbeit zum Erfolg von Forschungsprojekten bei. 

Vorteile. Diese Methode der Forschungsarbeit hat verschiedene positive Effekte: Durch die aktive Teilnahme der Bevölkerung wird viel Wissen generiert, das Verständnis für Forschung und Wissenschaft und darauf beruhende Entscheidungen wächst. CS wird im Deutschen manchmal als Bürgerwissenschaft bezeichnet, und meint die Beteiligung der Bevölkerung in unterschiedlichsten Stadien eines Projektes. Für die Wissenschaft-Betreibenden hat CS den Vorteil das „Projektteam“ stark erweitern zu können, und auf diesem Weg zum Beispiel viel mehr Daten zu sammeln.

 
Frosch, Segelfalter, Eidechse und Schwalbennester sind wertvolle Beobachtungen und sollten gemeldet werden

Frosch, Segelfalter, Eidechse und Schwalbennester sind wertvolle Beobachtungen und sollten gemeldet werden.

 

Lange Tradition. Eines der ersten Anwendungsgebiete war die Vogelkunde (Ornithologie), bei dem die freiwilligen Forschenden bereits in den 90er Jahren Sichtungen von Vögeln meldeten. So konnten Daten zu Vogelarten und ihrem Vorkommen erhoben werden. Auch der Ende 2023 erschienene Österreichische Brutvogelatlas wurde von BirdLife Österreich mit Unterstützung von freiwilligen Vogelbeobachtenden erstellt. Für dieses umfangreiche Projekt sammelten 2.300 Citizen Scientists in ganz Österreich rund 2,1 Millionen Datensätze und übermittelten sie an BirdLife. Diese wurden von Vogelexpertinnen und -experten überprüft und schließlich entstand ein umfangreiches Kompendium über den Zustand der heimischen Vogelvielfalt. Im Buch sind außerdem viele Fotos und Texte von den Hobbyforscherinnen und -forschern zu finden. 

 

In Österreich gibt es seit 2014 die Plattform „Österreich forscht“ und seit 2017 das „Citizen Science Network Austria.“

 

Anwendungsbereiche. Häufig werden CS-Projekte in den Bereichen Sozial-, Geo-, Sprach- und Umweltwissenschaften eingesetzt, aber auch Astronomie, Archäologie und Gesundheitswissenschaft nutzen die Methode. Seit 2014 besteht die Plattform „Österreich forscht“, die zeigt, welche Themenvielfalt es bei CS-Projekten gibt. Und seit 2017 gibt es hierzulande das „Citizen Science Network Austria“, das von der Universität für Bodenkultur (BOKU) koordiniert wird. Durch die Digitalisierung wurde CS noch einfacher und effizienter: Die Kommunikation ist durch soziale Medien und das Internet schneller möglich, Apps auf Mobilgeräten helfen rasch und unkompliziert Arten zu identifizieren und liefern per Knopfdruck Beobachtungen inkl. Zeit- und Ortsangaben an die Forschung.

 

Machen Sie mit! Wenn auch Sie sich an Forschungsprojekten beteiligen möchten, schauen Sie regelmäßig auf der Webseite citizen-science.at vorbei, dort werden sowohl laufende Projekte inkl. der Mitmach-Möglichkeiten vorgestellt, ein Blog geboten, als auch Ergebnisse von bereits abgeschlossenen Projekten zum Nachlesen aufbereitet. Viele Infos bietet auch der dazugehörige Podcast „Wissen macht Leute“. Wer sich gerne an der Biodiversitätsforschung beteiligen möchte, kann das zum Beispiel bei den nun folgenden Projekten machen.

 

Vogelbeobachtungen. Wie bereits erwähnt ist die Ornithologie ein Klassiker für den Einsatz von CS. BirdLife Österreich veranstaltet zum Beispiel jährlich die „Stunde der Wintervögel“ und betreut die Webseite www.ornitho.at, auf der ganzjährig Vogelsichtungen eingetragen werden können. Durch die Datensammlung und -auswertung wird BirdLife bei der Entwicklung von Schutzmaßnahmen unterstützt. Auch beim Projekt Wiener Gebäudebrüter der Wiener Umweltschutzabteilung geht es um die gefiederten Freunde, denn hier gilt es Brutplatzbeobachtungen bekannt zu geben. Wer einen Habichtskauz sieht, ist auch aufgerufen das zu melden, denn die Österreichische Vogelwarte möchte so den Erfolg der Habichtskauz-Wiederansiedlung überwachen.

 

Es gibt bereits viele Citizen Science Projekte in Österreich, Mitforschen ist ganz einfach!

 

Insektenvielfalt. Das Projekt BeeRadar der BOKU ist der asiatischen Mörtelbiene auf der Spur. Mit der App „Schmetterlinge Österreichs“ ruft die Stiftung „Blühendes Österreich“ gemeinsam mit „Natur im Garten“ zum Mitforschen auf. Und um die Wildbienen-Erfassung geht es im Hummel-Monitoring von BOKU und Naturschutzbund.

 

Alles, was kreucht und fleucht. Das BOKU-Projekt AmphiBiom fokussiert auf die Wechselkröte und deren Verbreitung. Generell alle Amphibien und Reptilien-Sichtungen nimmt das Projekt Herpetofauna gerne an, welches vom Naturhistorischen Museum Wien umgesetzt wird. Auch das BIOM-Garten-Projekt artenzaehlen.at freut sich über Info, wenn man im eigenen Garten Amphibien oder Reptilien beobachtet.

 

Melden, was das Zeug hält. Projekte, wie StadtWildTiere, naturbeobachtung.at und Wilde Nachbarn freuen sich immer über Meldungen von Wildtieren. Der Goldschakal steht bei einem Projekt der BOKU im Mittelpunkt der Forschung, und die Bundesforste sind dem Baumschläfer auf der Spur. Bei GeoMaus von apodemus geht es um das Vorkommen von Kleinsäugern und beim BOKU-Projekt Roadkill darum, tierische Unfallopfer zu melden. Die Mykologische Gesellschaft und die Universität Wien möchten genau wissen, wo welche Pilze vorkommen, daher haben sie die Projekte Pilzdaten-Austria.eu und Pilzfinder gestartet. Ragweed-Meldungen sind beim Ragweed-Finder erwünscht, u. a. damit die bevorstehende Pollenbelastung besser eingeschätzt werden kann. Auch das Pollentagebuch ist ein CS-Projekt. Ihnen bleibt nun die Qual der Wahl und hoffentlich viel Spaß beim Forschen!

 

Kurz nachgefragt ...


Mag. Dr. Daniel Dörler (DD) und DI Dr. Florian Heigl (FH) sind die Ansprechpartner für CS an der BOKU Wien. Sie haben das Citizen Science Netzwerk Austria gegründet. Wir (U & E) haben Ihnen zwei Fragen gestellt:

 

U & E: Was war die primäre Motivation das Netzwerk zu gründen?

DD: Im Jahr 2014 haben wir beide mit unserem Doktorat begonnen, bei dem es auch um CS ging, und haben schnell festgestellt, dass wir als CS-Projektleiter Fähigkeiten benötigen, die wir an der Uni nicht gelernt haben. Darum wollten wir uns mit anderen CS-Projektleiterinnen und -leitern vernetzen, um voneinander lernen zu können. Bei der Recherche haben wir festgestellt, dass es in Österreich bereits einige CS-Projekte gab, diese aber nicht so leicht zu finden waren. Daher kam uns der Gedanke, eine Plattform zu gründen, auf der alle CS-Projekte in Österreich gesammelt sind, um einerseits den Projektleitenden den Austausch und das Lernen voneinander zu erleichtern und andererseits auch Bürgerinnen und Bürgern eine Plattform zu bieten, auf der sie alle CS-Projekte finden können.

 

U & E: Wo sehen Sie die wichtigsten Vorteile der Methode CS, vor allem für die Forschung bzw. die Qualität der Forschung?

FH: „Wir sehen CS als eine Methode unter vielen, die, richtig eingesetzt, einige Vorteile bietet: Man kann Daten über große geographische und/oder zeitliche Räume bzw. aus unzugänglichen Arealen (z. B. Privatgrundstücken) bekommen, man kann die Teilnehmenden für das Projektthema sensibilisieren und auch mit den richtigen Methoden Lerneffekte erreichen. Man kann vom Wissen der Teilnehmenden profitieren (z. B. durch neue Perspektiven auf das Forschungsthema) oder selbst etwas lernen. Die Teilnehmenden können besser verstehen, wie Wissenschaft funktioniert (auch hier sind natürlich die richtigen Methoden vorausgesetzt) und man lernt andere Menschen kennen, denen das Forschungsthema wichtig ist. Darüber hinaus kann CS konkrete Änderungen anstoßen, da man mit der Bevölkerung gemeinsam arbeitet und im Idealfall dadurch eine Bewusstseinsänderung bei allen Beteiligten eintritt.“

 

© 2024 Amt der NÖ Landesregierung

 

                         Media & Daten