Die Zukunft gehört den Erneuerbaren! Doch die Stromproduktion aus Sonne und Wind ist volatil. Im Sinne von Versorgungssicherheit und Netzstabilität spielen daher flexible Speichermöglichkeiten eine zentrale Rolle. So können Erzeugungsspitzen bzw. -defizite bestmöglich ausgeglichen werden.
Text: Britta Ehrenberg & Silvia Osterkorn-Lederer
Der Ausbau der Erneuerbaren ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg, die Energiewende zu schaffen, aber insbesondere Wind- und Solarenergie sind volatil und wetterabhängig. Das führt zu Schwankungen in der Stromproduktion und bringt neue Anforderungen an die Stromnetze.
Transformation des Energiesystems. Erneuerbare Energien erfordern zusätzliche Maßnahmen wie Stromspeicher und intelligente Energiemanagementsysteme, um die Netzstabilität weiterhin zu gewährleisten und Stromerzeugung und -verbrauch in Einklang zu bringen. Bei Aufdach-PV-Anlagen, die aktuell sehr beliebt sind, sollte der Betrieb möglichst so erfolgen, dass nicht alle Anlagen gleichzeitig zur Mittagszeit ins Netz einspeisen und dieses damit überlasten. Häufig stimmen jedoch Stromerzeugung und -verbrauch zeitlich nicht überein. Die PV-Anlage kann in Kombination mit einem Heimspeicher so betrieben werden, dass der Speicher den erzeugten Strom über die Mittagsspitzen hinweg speichert und damit die extremen Lastspitzen abgepuffert werden. Intelligente Energiemanagementsysteme können ergänzend zu Speichern einen wesentlichen Beitrag leisten, um Stromverbrauch und -erzeugung besser aufeinander abzustimmen.
Funktionsweise. Ein Stromspeicher besteht aus einem Akku sowie einem intelligenten Lade- und Entlademanagement. Überschüssiger Strom aus der PV-Anlage wird in den Akku geladen und bei Bedarf wieder entnommen. Ein Speicher bietet also mehrere Vorteile: Die Erhöhung des Eigenverbrauchsanteils auf bis zu 70 % ist möglich. Der Autarkiegrad – dieser gibt an, wieviel Prozent des Stromverbrauchs mittels eigener PV-Anlage abgedeckt wird – erhöht sich ebenfalls, da durch den Speicher weniger Strom aus dem öffentlichen Netz bezogen werden muss. Außerdem können Speicher – je nach technischer Ausstattung – bei Stromausfällen als Notstromversorgung fungieren.
Technologien. Die am häufigsten verwendete Speichertechnologie sind Lithium-Ionen-Akkus, aber auch Natrium-Ionen-Akkus gewinnen zunehmend an Bedeutung. Erstere haben eine hohe Energiedichte und einen hohen Wirkungsgrad, während Natrium-Ionen-Akkus umweltfreundlicher und einfacher zu recyceln sind. Es gibt auch die Möglichkeit der Verwendung eines Speichers aus sogenannten „Second-Life-Batterien“ – also gebrauchten Batterien, meist aus e-Autos, die nach der ursprünglichen Verwendung für einen weiteren Einsatz aufbereitet werden. Zwei Haupt-Umsetzungsvarianten bei der Installation von Stromspeichern sind üblich: DC-gekoppelte Speicher, die zwischen PV-Anlage und Wechselrichter installiert werden, sind besonders effizient. AC-gekoppelte Speicher werden nach dem Wechselrichter installiert, sie sind flexibler, aber auch weniger effizient. AC-Systeme sind ideal, wenn bei einer bestehenden PV-Anlage ein Stromspeicher nachgerüstet werden soll.
Wirtschaftlichkeit. Die Kosten für einen Stromspeicher variieren je nach Technologie und Kapazität. Ein 10 kWh Lithium-Ionen-Speicher kostet derzeit ca. 7.000 Euro (Systemkomplettpreis), zuzüglich Installationskosten. Trotz möglicher Förderungen sind Stromspeicher derzeit oft noch nicht vollständig wirtschaftlich, bieten aber eine Erhöhung von PV-Eigenverbrauch und Autarkiegrad sowie eine größere Unabhängigkeit vom öffentlichen Netz. Weiter sinkende Anschaffungskosten, steigende Strompreise und neue Geschäftsmodelle wie Energiegemeinschaften oder flexible Stromtarife machen Speicher aber zunehmend attraktiver.
Netzoptimiert und flexibel. Der Stromspeicher wird in der Regel mit dem überschüssigen Strom aus einer PV-Anlage geladen. Meist erzeugen die PV-Anlagen im Sommer bereits vormittags so viel Strom, dass der Speicher vollständig geladen wird. Die höchsten Stromerträge treten klassischerweise zur Mittagszeit auf und müssen dann ins Netz eingespeist werden. Das kann, wenn viele PV-Anlagen in einem Netzgebiet vorhanden sind, das Stromnetz belasten. Ein Speicher kann daher in Kombination mit einem Energiemanagementsystem besonders effizient sein, wenn er entsprechend betrieben wird. Bei einem netzoptimierten Betrieb reserviert das Ladesystem eine gewisse Speicherkapazität im Stromspeicher für die PV-Spitzenleistung und beginnt erst zur Mittagszeit, wenn diese vermeintliche PV-Spitzenleistung bereitgestellt wird, mit der Aufladung des Speichers. Dadurch werden Einspeisespitzen verhindert und das Stromnetz wird weniger belastet. In Zukunft könnte der netzoptimierte Betrieb durch entsprechende Stromtarife und Netzgebühren belohnt werden. Der Speicher kann je nach technischer Ausstattung außerdem mit günstigem Strom aus dem Netz geladen werden, wenn der Strompreis niedrig ist, und diesen Strom später im Haushalt nutzen, wenn der Preis hoch ist. Dies senkt die Energiekosten und entlastet das Stromnetz. Immer mehr Stromanbieter bieten ihren Kunden bereits flexible Tarife an, bei denen sich der Strompreis stundenweise – je nach Angebot und Nachfrage am Strommarkt – ändert.
Energiegemeinschaften. Generell kann ein Stromspeicher auch in eine Energiegemeinschaft eingebunden werden und dadurch wesentlich dazu beitragen, den Eigenverbrauch innerhalb der Energiegemeinschaft zu erhöhen. Der Speicher darf dafür aber ausschließlich mit selbst erzeugtem Strom geladen werden und kann dann den Mitgliedern der Gemeinschaft zur Verfügung gestellt werden.
Künftig werden auch Elektroautos als mobile Speicher eine wichtige Rolle spielen.
E-Auto als Speicher. Auch das Elektroauto kann – statt eines klassischen Batteriespeichers – künftig als Stromspeicher dienen. Mit der geladenen Batterie kann das Zuhause versorgt (V2H = vehicle to home) oder Strom ins öffentliche Netz (V2G = vehicle to grid) eingespeist werden. Dies erhöht die Flexibilität und Nutzungsmöglichkeiten des selbst erzeugten Stroms. Bei einer Neuanschaffung eines Elektroautos sollte man unbedingt darauf achten, dass es – ebenso wie die Wallbox – normgerecht (ISO 15118-20) V2H- bzw. V2G-fähig ist bzw. diese Funktion nachträglich ohne Umbauten freigeschalten werden kann. Auch wenn das Auto tagsüber oft unterwegs ist, kann es dennoch als Speicher genutzt werden – etwa nachts oder an Tagen, an denen es zu Hause steht. Durch intelligentes PV-gesteuertes Überschussladen lässt sich der Eigenverbrauch optimieren, ohne die Mobilität einzuschränken. Bei Realreichweiten von 200 km und mehr sowie mittleren täglichen Wegstrecken von weniger als 40 km, muss nur alle paar Tage geladen werden bzw. kann auch Strom aus dem Auto entnommen werden, ohne die Reichweite stark einzuschränken.
Im großen Stil. Nicht nur im privaten Bereich, auch im größeren Maßstab spielen Stromspeicher eine immer wichtigere Rolle. Gewerbespeicher und Großspeicher mit mehreren hundert Kilowattstunden bis hin zu mehreren Megawattstunden können ganze Gemeinden, Betriebe oder Energiegemeinschaften unterstützen. Sie helfen dabei, lokale Stromüberschüsse aus PV- und Windkraftanlagen zwischenzuspeichern und bei Bedarf – etwa abends – wieder abzugeben. In Niederösterreich entstehen derzeit mehrere solcher Anlagen. Ein Beispiel ist der Speicher der EVN beim Kraftwerk Theiß. Hier besteht schon seit 2008 der größte Fernwärmespeicher Europas. Kürzlich wurden drei Container voll mit Akkus installiert, um auch auf diese Weise überschüssigen Strom zu speichern, der unter anderem von einer 3-MWp-Photovoltaikanlage auf dem Kraftwerksgelände kommt. Dieser trägt zur Netzstabilisierung und Versorgungssicherheit bei. Auch Gemeinden setzen zunehmend auf solche Speicher, um z. B. Schulen teilweise zu versorgen oder um den Strom für die Straßenbeleuchtung zu nutzen.
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Mag.a Britta Ehrenberg, NÖ Energie- und Umweltagentur (eNu) & Silvia Osterkorn-Lederer, Redaktion
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