Umwelt und Energie - Header - Link zur Startseite des Landes Niederösterreich

Passiv kühlen in der Nacht

 
Sujet: Mein Umweltbeitrag


Überhitzte Räume machen uns zu schaffen, und das nicht nur in innerstädtischen Lagen. Der Druck auf den Einschaltknopf der Klimaanlage ist eine kurzfriste Abhilfe, aber keine nachhaltige Lösung. Nicht alle Gebäude lassen sich damit ausstatten, und auch die nötige Energie dafür wird uns nicht immer zur Verfügung stehen.

Text: Elke Papouschek

 

Um Gebäude mit möglichst geringem Primärenergieeinsatz vor Überhitzung zu schützen, ist die richtige Nachtlüftung essenziell. Dabei wird die kühlere Außenluft genutzt, um Räume während der Nachtstunden herunterzukühlen. Hereingelassen durch offene Fenster oder andere Öffnungen, durchströmt sie das Gebäude – die Räume werden nicht nur mit Frischluft versorgt, sondern effizient abgekühlt. Angesichts der Klimakrise sollte bei Neubauten daher die sorgfältige Planung einer freien Nachtlüftung selbstverständlich sein, die am Standort vorherrschende Winde, deren Richtung sowie die Gebäudeform und die Positionierung der Fenster und anderer Öffnungen einbezieht.

 

Freie Lüftungsverfahren. Das Prinzip kennen wir alle: Fenster in gegenüberliegenden Gebäudeseiten werden geöffnet und die Druckunterschiede zwischen der Innen- und Außenluft oder einfach der Wind sorgen für eine Querlüftung. Das gelingt aber nur, wenn sich die Fenster im selben Stockwerk befinden und Innentüren geöffnet sind, oder der Luftaustausch über mehrere Ebenen hinweg möglich ist, z. B. über ein Stiegenhaus. Dabei wird auch der thermische Auftrieb oder „Kamineffekt“ genutzt, bei dem die warme Luft nach oben steigt und ins Freie abgegeben wird und die kältere Luft des Außenraums von unten nachströmt. Lärm- und Abgasbelastung sowie Sicherheitsbedenken in unteren Stockwerken lassen sich lösen, wenn man statt den Fenstern andere geeignete Lufteinlässe einbaut.


Querlüftbare Grundrisse schon in der Planung mitzudenken, verbessert die Klimaresilienz im Sommer nachhaltig.

 
Ein Fenster steht in der Nacht offen.

Richtiges Heiße Nächte machen uns zunehmend zu schaffen. Querlüften ist die einfachste Abhilfe und an neuen Strategien für effiziente passive Nachtkühlungskonzepte wird geforscht.

 

Durchatmen in der Nacht. Ein großer Vorteil der freien Nachtlüftung ist das einfache und auch im Betrieb kostengünstige System. Das mechanische Öffnen wird händisch oder über die Haustechnik geregelt. Im letzteren Fall misst eine Steuerung die Innen- und die Außentemperatur und öffnet je nach Differenz nachts im Idealfall ein Mal genügend lange entsprechende Fenster bzw. Öffnungen. Gehen diese mehrmals pro Nacht auf und zu, steigt nach dem Schließen der Fenster die Lufttemperatur wieder an, weil die Gebäudemassen noch wärmer sind. Weitere Nachteile von wiederholtem Öffnen und Schließen sind nicht nur den Schlaf störende Geräusche, sondern auch der schnellere Verschleiß von Antrieben und Fensterbeschlägen. Während die Fenster phasenweise wieder zu sind, wird zudem Kühlpotenzial „verschenkt“. 

 

Mechanisch und hybrid. Bei der mechanischen Nachtlüftung wird der Luftaustausch durch eine Lüftungsanlage erledigt. Sie saugt die kühle Nachtluft mit Hilfe von Ventilatoren an und verteilt sie gezielt im Gebäude. Ein wesentlicher Nachteil der mechanischen Lüftung ist, dass sie in der Regel nur für die hygienische Lüftung dimensioniert wird und daher nicht auf die vielfach höheren benötigten Luftwechselraten einer freien Nachtlüftung zur Kühlung herankommt. Bei einem hybriden Lüftungskonzept wird die freie mit der mechanischen Lüftung kombiniert. Wenn die natürlichen Kräfte wie der Auftrieb nicht ausreichen, um eine Nachtauskühlung zu gewährleisten, wird die Lüftung durch Hinzuschalten eines oder mehrerer Abluftventilatoren unterstützt.

 

Nachgefragt

Am Zentrum für Bauklimatik und Gebäudetechnik der Universität für Weiterbildung Krems suchte man im Rahmen des Forschungsprojektes „CoolBRICK“ nach neuen Strategien für effiziente passive Kühlkonzepte, die als einfache, sinnvolle und klimaresiliente Maßnahmen unsere aufgeheizten Gebäude während der Nachtstunden herunter kühlen können. DI Markus Winkler berichtete beim „Zukunftsforum Bauen und Umwelt“ über den derzeitigen Wissensstand und hat für U&E einige Fragen beantwortet. 

U&E: Unsere Gebäude müssen hitzetauglicher werden, ohne dafür Unmengen von Energie zu verbrauchen. Was kann der/die Einzelne bei bestehenden Einfamilienhäusern für eine optimale Nachtlüftung tun?

M. Winkler: Wenn es wirklich das Optimum am Bestand sein soll, so müssen gezielt bestimmte Fenster im Zusammenspiel automatisiert geöffnet und geschlossen werden können. Dies gelingt heute schon durch den Einbau von am Markt befindlichen Fensterantrieben, ergänzt durch funkbasierte Sensorik (Temperatur, Wind, Regen) an den richtigen Stellen im bzw. am Haus und Verknüpfung dieser Komponenten mittels Software. Wie unser Projekt Cool­BRICK eindeutig zeigte, ist jedoch das klassische Kippen eines Flügels nicht ausreichend. Entweder man entscheidet sich, die Flügel herkömmlich aufdrehen zu lassen (Achtung: Fensterbank muss frei sein, sonst wird sie freigeräumt) oder die Fangscheren beim Kippen werden zum Teil entfernt oder ausgehängt. Alternativ, jedoch mit Abstrichen an Bedienkomfort und Kühlpotenzial, ist natürlich weiterhin das händische Öffnen und Schließen möglich. Hier kann es bei kühleren Sommernächten auch mal morgens zu kalt werden, wenn nachts nicht händisch geregelt werden möchte oder kann. MPC – Model Predictive Control: An der Universität für Weiterbildung Krems wurde eine Regelung entwickelt, die maximal ein Mal nachts öffnet und genau so lange offen lässt, dass nach dem Schließvorgang die Lufttemperatur eine gewünschte Mindestsolltemperatur nicht unterschreitet bzw. wieder erreicht.  

U&E: Hohe Luftwechselraten bescheren nachts das Kühlpotenzial. Der Wind kann diesen Effekt zusätzlich unterstützen. Im Projekt „CoolBRICK“ wurde auch untersucht, wie Windgeschwindigkeit und Luftwechsel zusammenhängen?

M. Winkler: Ja, so ist es. Es hat sich über die Messperiode Sommer/Herbst 2024 herausgestellt, dass Wind im Sinne von hohen Windgeschwindigkeiten nicht zwingend erforderlich ist. Es genügen bereits leichte Brisen bis 0,5 m/s und auch deutlich darunter zur effektiven Nachtlüftung, wenn nachts quer durch das Gebäude oder die Wohnung gelüftet werden kann. Hier sind die aktuellen Kippweiten von Fensterflügeln jedoch, wie in der Antwort davor beschrieben, erneut zu gering. 

U&E: Die Möglichkeit zum Querlüften ist ein Schlüssel zur nächtlichen Kühlung. Wird das in den Planungen des kommunalen Wohnbaus bereits berücksichtig?

M. Winkler: Leider noch nicht vordergründig genug – und damit zum Nachteil aktueller und zukünftiger Generationen an Bewohnerinnen und Bewohnern. Bis 2050 und darüber hinaus sehe ich auch keine Trendumkehr hinsichtlich der Sommertemperaturentwicklungen. Einmal entwickelte Wohnungsgrundrisse bleiben lange statisch. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, so wäre dies ab sofort das obligatorische Mitdenken von querlüftbaren Grundrissen im Neubau wie auch in Bestandssanierungen zur verbesserten Klimaresilienz im Sommer. Alle anderen Maßnahmen sind im Nachgang technisch einfacher lösbar.

 

----------

ELKE PAPOUSCHEK, Redaktion

----------

donau-uni.ac.at

 
 

© 2025 Amt der NÖ Landesregierung

 

                         Media & Daten