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In der Vielfalt liegt die Kraft

 

Die Energiewende schreitet in Niederösterreich stetig voran und macht uns mit jedem Schritt unabhängiger von fossilen Energieimporten. Photovoltaik und Windkraft stehen im Fokus, daneben braucht es aber noch weitere Energieträger, um alle Sektoren zu dekarbonisieren und Energie langfristig zu speichern. 

Text: Alexander Graf MSC.

 

In den vergangenen Jahren nahm der Ausbau von erneuerbarem Strom aus Wind und Sonne weiter an Fahrt auf. So wurden Ende 2024 bereits rund 5.100 GWh aus Windkraft und 2.900 GWh aus Photovoltaik erzeugt. Damit ist Niederösterreich auf dem besten Weg, die gesteckten Ziele für das Jahr 2030 von 3.000 GWh Photovoltaik und 8.000 GWh Wind zu erreichen. Seit 2015 kann unser Bundesland seinen Strom bilanziell zu 100 % aus erneuerbaren Energien decken. Über alle Energieträger hinweg, hat Niederösterreich bereits einen erneuerbaren Anteil von über 40 %. Erneuerbarer Strom ist dabei der Schlüssel zur Energiewende, da er sehr effizient und vor allem vielseitig eingesetzt werden kann, beispielsweise in Elektromotoren oder zur Wärmeerzeugung. Manchmal stößt die elektrische Energie aber an ihre Grenzen, etwa bei Hochtemperaturprozessen in der Industrie. Dazu kommt, dass Strom aus Wind und Sonne nicht immer zur Verfügung steht und dieser nur eingeschränkt speicherbar ist. Diese Grenzen können durch andere erneuerbare Energieträger verschoben werden, die gut speicherbar und für die Erzeugung besonders hoher Temperaturen geeignet sind. 

Biomasse und Geothermie. In der Wärmeversorgung wird die gut speicherbare Biomasse seit langem erfolgreich eingesetzt. NÖ kann bereits heute seine mehr als 900 Heizwerke und Heizkraftwerke zu über 80 % mit erneuerbaren Energien betreiben. Der größte Teil dieser nachhaltigen Wärme geht auf die Biomasse zurück. Dieser Anteil an erneuerbarer Energie kann durch die Integration von tiefer Geothermie und Umgebungswärme weiter gesteigert werden. Die dadurch eingesparte Biomasse im Sommer kann dann als „Energiespeicher“ für den Winter dienen. Auch für Haushalte ohne Anschluss an ein Wärmenetz spielt Biomasse als Wärmelieferant eine wichtige Rolle, genauso wie Wärmepumpen, die Energie aus der Luft oder aus oberflächennaher Geothermie, wie dem Grundwasser oder dem Erdreich, entziehen können.  

Biogas und Wasserstoff. Obwohl noch nicht weit verbreitet, haben die erneuerbaren Gase Biogas und grüner Wasserstoff entscheidende Vorteile, wie vielfältige Einsatzmöglichkeiten und langfristige Speicherbarkeit. Ein wesentlicher Einsatzbereich findet sich in der Industrie. Beide sind für den stofflichen Einsatz als Prozessgas in industriellen Prozessen ebenso geeignet, wie für die Bereitstellung von Temperaturen über 500 °C für Hochtemperaturprozesse. Zusätzlich kommt ihnen auch eine wichtige Rolle bezüglich Spitzenlastabdeckung zu, sowohl bei Strom- als auch bei Wärmenetzen: In einem Wärmenetz können die erneuerbaren Gase in Zeiten mit besonders hohem Bedarf, wie zum Beispiel während der morgendlichen Verbrauchsspitze an einem kalten Wintertag, schnell in einem Kessel in Wärme umgewandelt werden und Biomasse, Geothermie oder Umgebungswärme unterstützen. Wenn zu wenig Strom aus Wind und Sonne verfügbar ist, können Biogas und Wasserstoff in Kraftwerken schnell zu Strom umgewandelt werden. Es geht aber auch umgekehrt: Wenn viel erneuerbarer Strom vorhanden ist – wie etwa in den Sommermonaten – kann mit diesem Strom Wasserstoff oder daraus sogar Methan hergestellt werden. Die Gase können dann für die Wintermonate gespeichert werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass Biogas und Wasserstoff die bestehende Leitungsinfrastruktur nutzen können.

 
Collage erneuerbarer Strom

Die OMV betreibt mit UpHy am Standort Schwechat derzeit Österreichs größte Anlage für grünen Wasserstoff, welche jährlich 1.500 t H2 produziert und damit 15.000 t CO2 einspart. Mit UpHy Large in Bruck an der Leitha ist bereits das nächste Projekt in einem noch deutlich größeren Maßstab in der Pipeline (oben links). Niederösterreich hat durch seine Lage und Erdgasinfrastruktur ideale Voraussetzungen, um zu einer europäischen Wasserstoffdrehscheibe zu werden (oben rechts). Erneuerbarer Strom aus Windkraft und Photovoltaik ist der Schlüssel der Energiewende. Damit diese gelingen kann, braucht es aber noch weitere erneuerbare Energieträger (links). Durch Elektrolyse wird Wasser (H2O) mit Hilfe von erneuerbarem Strom in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O) aufgespalten. Wasserstoff wird für die Industrie gebraucht, die entstehende Abwärme ist ein gut nutzbarer Nebeneffekt (rechts). aus rohen Birnen-, Erlen- und Zirbenpfosten.

 

Biogasproduktion in NÖ. Biogas ist ein Gemisch aus mehreren Gasen. Die Herstellung erfolgt durch die Vergärung von Biomasse, wie Gülle oder Biomüll. Für Niederösterreich wird bis 2050 von einem Potenzial von bis zu 4.000 GWh ausgegangen. Biogas eignet sich als Ersatz für fossiles Erdgas. Dazu wird es zu Biomethan aufbereitet. Anschließend kann es direkt ins Gasnetz eingespeist werden. Für diesen Zweck investierte die EVN 2,6 Millionen Euro in eine Aufbereitungsanlage in Lichtenwörth. Jährlich werden mit dieser rund 13 GWh hochwertiges Biomethan produziert. Für viele Anwendungen in der Industrie wird Methan als Prozessgas benötigt, beispielsweise zur Herstellung von Kunststoffen sowie für Hochtemperaturprozesse, wie etwa der Zementproduktion. Biomethan kann hier in Zukunft helfen diese Prozesse weniger CO2-intensiv zu gestalten, wenn dadurch fossiles Methan, also Erdgas, verdrängt wird.  

Wasserstoff als Motor der Industrie. Vielseitig einsetzbar ist auch Wasserstoff. Wenn er aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird, wird er auch als grüner Wasserstoff bezeichnet. Haupteinsatzbereiche für Wasserstoff sind in Zukunft die Herstellung von Düngemitteln, von E-Fuels für den Flugverkehr oder die Stahlproduktion. Wasserstoff kann im Inland hergestellt werden: Dabei wird mit erneuerbarem Strom (z. B. im Sommer, wenn besonders viel Sonnenstrom vorhanden ist) in Elektrolyseanlagen Wasser (H2O) in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O) aufgespalten. Für Niederösterreich kann von einer Produktion von etwa 4.500 GWh im Jahr 2050 ausgegangen werden. Ebenso ist es möglich, aus Biomethan Wasserstoff herzustellen. Umgekehrt lässt sich aus Wasserstoff auch wieder Methan gewinnen. Beide Umwandlungen sind jedoch mit Energieverlusten verbunden. 

 

NÖ als Wasserstoffdrehscheibe. Da Niederösterreich in Zukunft nicht seinen gesamten Bedarf an Wasserstoff selbst produzieren kann, wird es auf Importe angewiesen sein. Durch die Lage im Herzen Europas ist es naheliegend, dass sich Niederösterreich – genau wie im Erdgasbereich – als Drehscheibe für die europäische Wasserstoffinfrastruktur etabliert. Neben der Errichtung neuer Leitungen, können auch bestehende Erdgasleitungen mit kleinen Anpassungen, etwa bei Dichtungen und Armaturen, in Zukunft für Wasserstoff eingesetzt werden. Das Projekt H2 Backbone WAG + Penta-West verfolgt das Ziel, neben der Errichtung von über 200 km neuer Wasserstoffpipelines auch 140 km der bestehenden Erdgasinfrastruktur umzurüsten. Auf europäischer Ebene ist die Errichtung von Wasserstoff-Korridoren aus allen Himmelsrichtungen geplant. Für Österreich wird voraussichtlich vor allem der Südkorridor, welcher von Tunesien und Algerien ausgehend über Italien und Österreich bis nach Deutschland reichen soll, von großer Bedeutung sein. 

Saisonale Wasserstoffspeicherung. Da heimischer Wasserstoff vor allem in den Sommermonaten aus erneuerbarem Strom produziert werden kann, bedarf es auch Möglichkeiten zur langfristigen Speicherung. Besonders hohes Potenzial kommt dabei unterirdischen Porenspeichern zu, welche in Niederösterreich aktuell zur Speicherung von Erdgas eingesetzt werden. Das von RAG Austria geleitete Projekt Underground Sun Storage unter Beteiligung mehrerer Partner aus NÖ erforscht derzeit im oberösterreichischen Gampern die Speicherung von Wasserstoff in einer ehemaligen Erdgaslagerstätte und ebnet damit den Weg für zukünftige Projekte in Niederösterreich.

E-Fuels als Antrieb für die Luftfahrt. Durch den internationalen Flughafen Schwechat kommt dem Flugverkehr eine besondere Rolle in Niederösterreich zu. Die Flugzeuge benötigen Treibstoffe mit einer hohen Energiedichte, wodurch Wasserstoff oder elektrische Antriebe wohl keine Rolle spielen werden. Vielversprechend erscheinen daher E-Fuels, die aus Wasserstoff und CO2 hergestellt werden. Bis 2050 wird von einem Bedarf von über 8.000 GWh in Niederösterreich ausgegangen. Da die Herstellung von E-Fuels sehr energieintensiv ist, wird Niederösterreich dafür auf den Import von Wasserstoff angewiesen sein. 

Vielfalt als Schlüssel. Die Energiewende bringt neben einigen Herausforderungen auch viele Möglichkeiten mit sich. Große Chancen bietet sie für den Wirtschaftsstandort, denn verlässliche und leistbare Energie ist eine zentrale Grundlage unseres Wohlstands. Durch den Ausbau der erneuerbaren Energie wird Niederösterreich unabhängiger von Energieimporten, welche aktuell Großteils aus autokratischen Staaten kommen und im Falle von Krisen zu großen Preissprüngen führen können. Im Gegensatz zu fossilen Importen, halten heimische Energieträger die Wertschöpfung im Inland und schaffen damit auch Arbeitsplätze. Um diese Chancen zu ergreifen, gilt es die Energiewende auf ein breites und stabiles Fundament zu stützen. Flexible und speicherbare Energieträger, wie erneuerbare Gase, Biomasse und Geothermie werden hier eine ebenso wichtige Rolle wie erneuerbarer Strom spielen. Die gute Nachricht ist: Niederösterreich hat beste Voraussetzungen die Energiewende zu meistern.

 

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Alexander Graf MSC., Land NÖ, Abt. Umwelt- u. Energiewirtschaft

 

Grüne Gase - eine Übersicht:

Biogas:

  • Gasgemisch, besteht zu 50 bis 75 % aus Methan (CH4)
  • Wird durch Vergärung von Biomasse hergestellt.
  • Durch Aufbereitung erzeugt man daraus Biomethan (> 95 % CH4), das ins Gasnetz eingespeist werden kann.

Wasserstoff:

  • Durch Elektrolyse wird Wasser (H2O) mit Hilfe von erneuerbarem Strom in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O) aufgespalten.
  • Es gibt unterschiedliche Elektrolyse-Technologien, die einen Wirkungsgrad von circa 60 bis 70 % haben.
  • Für 1 kg Wasserstoff (= 33 kWh) braucht man 9 l Wasser und rund 50 kWh Strom.

E-Fuels:

  • Flüssige Treibstoffe, aus Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid (CO2) hergestellt
  • Die Herstellung von 1 Liter E-Fuel
  • (= 8,8 kWh) hat einen Wirkungsgrad von rund 40 %. Dafür werden etwa 22 kWh Strom benötigt, mit denen rund 0,7 kg Wasserstoff und 2,5 kg CO2 gewonnen und zu Kraftstoff verarbeitet werden.

 
 

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