Fast 50 Prozent der Kleidung, die wir in Österreich kaufen, wird wenig oder gar nicht getragen. Shopping hat sich zum Freizeitvergnügen entwickelt. Doch vor allem Fast Fashion wird zunehmend zum Problem und hat enorme Auswirkungen – besonders auf die Umwelt und das Klima.
Text: Silvia Osterkorn-Lederer
Aus der aktuellen Kollektion, ein Muss für Modebewusste, neuer Look, cooler Style, ein Must have in den Trendfarben der Saison – neu und nach Möglichkeit noch günstig – all das sind Gedanken, die beim Kleidungskauf eine Rolle spielen. Zumindest für viele von uns. Das wissen auch die Modehersteller. Asiatische „Ultra-Fast-Fashion“-Unternehmen erreichen via Online-Handel aktuell absolute Rekordumsätze. Dabei setzen sie in erster Linie auf personalisierte Werbung (z. B. über Social Media), ständig neue Produkte und Trends sowie extrem günstige Schnäppchenpreise. Diese Anbieter sind vor allem bei der jüngeren Zielgruppe sehr beliebt. Doch bei den verkauften Produkten, der (Ultra)-Fast-Fashion, handelt es sich primär um „Wegwerfmode“. Damit man sich die Größenordnung in etwa vorstellen kann: Einer der bekanntesten und größten Ultra-Fast-Fashion-Anbieter stellt täglich bis zu 6.000 neue Produkte in den Onlineshop ein.
In der Textilbranche findet man teilweise immer noch sehr schlechte Arbeitsbedingungen, auch Kinderarbeit ist häufig ein Thema.
Zusammenhang. Wie wir mit Textilien allgemein und unserer Kleidung im Speziellen umgehen, hat einen großen Einfluss auf Umwelt und Klima. Ein großer Teil unserer Bekleidung besteht aus erdölbasierter Kunst- oder Mischfaser, bei der Herstellung von Kleidungsstücken kommen auch sehr viele Chemikalien zum Einsatz, die unserer Umwelt schaden können. Auch das Naturprodukt Baumwolle benötigt viel Fläche, Wasser und große Mengen an Pestiziden. Nach Ernährung, Wohnen und Transport liegt der Textilsektor auf Platz vier betreffend schädlicher Umweltauswirkungen. Mangelhafte oder nichtexistierende Abwasser- und Abfallbehandlung oder fehlende Kontrollen ermöglichen es, dass Schadstoffe in die Umwelt gelangen. Daraus folgen in den Produktionsländern häufig vergiftete Flüsse, Abgase, konterminierte Böden und Trinkwasserprobleme.
Fragliche Arbeitsbedingungen. Unsichere Arbeitsplätze, lange Arbeitszeiten, geringe Löhne, das Hantieren mit schädlichen Chemikalien und häufig leider nach wie vor Kinderarbeit sind in der Textilbranche Thema. So mancher Modetrend führt zu lebensbedrohlichen Auswirkungen auf die Arbeiterinnen und Arbeiter, beispielsweise das Veredelungsverfahren für Jeans im Used-Look. Der dabei eingesetzte feine Quarzsand kann zu schweren Lungenschädigungen führen.
Mehr, mehr, mehr. Fast Fashion steht für schnellen Konsum und rasche Entsorgung von Kleidung. Unser Konsumverhalten hat sich in der Vergangenheit stark verändert. Durch immer mehr Nachfrage wächst die Produktion an. Durchschnittlich kaufen wir Europäerinnen und Europäer jährlich 60 Kleidungsstücke. Viele davon landen rasch im Müll. Dort endet im Übrigen auch häufig Neuware aus Retouren (Onlinehandel) oder nagelneue Stücke, die nicht verkauft werden konnten.
Gegen den Wegwerftrend! Ein sorgsamer, bewusster Umgang mit Kleidung hat positive Auswirkungen auf das Klima. Textilien sollten lange genutzt, gut gepflegt, eventuell repariert und weitergegeben werden. Untersuchungen zufolge tragen wir rund 50 Prozent des Kleiderschrankinhaltes kaum bis gar nicht. Am besten achtet man bereits beim Einkauf auf gute Qualität und Gütesiegel. Kleidungsstücke, die man nur selten braucht, können ausgeliehen werden. Und wenn Teile nicht mehr passen oder gefallen, kann man sie im Familien- oder Freundeskreis weitergeben. Sollte auch das keine Option sein, können gut erhaltene Teile an karitative Organisationen gespendet werden.
Kleidung für den Müll. Laut Greenpeace werden bis zu 30 % der für Industrieländer produzierten Kleidungsstücke nie verkauft. Sie enden z. T. gleich auf dem Müll. Kleidungsstücke aus privaten Haushalten landen wiederum häufig in der Altkleidersammlung. Laut Europäischer Umweltbehörde (EEA) hat sich die Menge der aus der Europäischen Union (EU) exportierten Alttextilien in den letzten zwei Jahrzehnten verdreifacht, Tendenz steigend. Im Jahr 2019 landeten 87 % der aus der EU exportierten Alttextilien in Afrika (46 %) und Asien (41 %). In Afrika werden die Textilien in erster Linie auf lokalen Märkten verkauft. Die Nachfrage nach billiger, intakter und gebrauchter Kleidung aus Europa ist groß. In Asien werden gebrauchte Textilien meist zu Industrielumpen oder Füllmaterial recycelt. Nicht verkaufsfähige Textilien enden in Afrika häufig auf wilden Deponien. Diese Deponien entstehen oft in der Nähe von Siedlungen, wo vor allem Menschen aus den ärmsten Bevölkerungsgruppen leben und schließlich den gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind. Die in den Textilien enthaltenen Chemikalien und synthetischen Fasern sind nicht biologisch abbaubar und gelangen in den Boden und das Wasser, Mikroplastik gelangt in die Umwelt und sorgt für Verschmutzung und Probleme. Wird der Textilmüll auf den Deponien verbrannt, entsteht giftiger Rauch.
Die Antwort der EU: Textilstrategie. Die Europäische Union ist sich der Problematik bewusst und hat daher die EU-Textilstrategie, als Teil des Green Deals, verabschiedet. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft sollen Textilien länger genutzt, wiederverwendet und recycelt werden. Es gilt die Bekleidungsindustrie nachhaltiger zu gestalten, indem die Umweltauswirkungen der Branche reduziert werden und auch ein Fokus auf faire Arbeitsbedingungen gelegt wird. Verbesserungen die Transparenz und Rückverfolgbarkeit in der Lieferkette betreffend zählen ebenso zu den Zielen, wie die Förderung von neuen Geschäftsmodellen und Innovationen, um die Branche zukunftsfähig zu machen.
----------
© 2024 Amt der NÖ Landesregierung