Wer bzw. was in energieeffizienten Gemeinden so alles baden geht, ist höchst interessant. Zwei niederösterreichische e5-Gemeinden lassen mit erfolgreichen „Schwimmprojekten“ aufhorchen: Horn mit der Gestaltung des „Stadtsees“ und Grafenwörth mit einer schwimmenden PV-Anlage auf den Baggerteichen.
Text: Silvia Osterkorn-Lederer
Das e5-Programm hilft energieeffizienten Städten und Gemeinden bei der Umsetzung von nachhaltigen Klimaschutzmaßnahmen und bei der Evaluierung von deren Wirksamkeit. Der Aufbau des e5-Programms ähnelt jenem eines Qualitätsmanagementprogramms und eignet sich für kleine Gemeinden ebenso wie für große Städte. In Niederösterreich nehmen bereits 64 Gemeinden daran teil. Jede von ihnen setzt unterschiedlichste Projekte und Maßnahmen um und wird dabei von den Expertinnen und Experten der Energie- und Umweltagentur des Landes NÖ unterstützt. Im Folgenden stellen wir zwei erfolgreich durchgeführte Maßnahmen vor und zeigen, wie das Element Wasser dabei genutzt wird.
Erholungsraum deluxe. Nach der Badesaison im Jahr 2021 wurde in Horn mit der Umgestaltung des Freibades begonnen: Es entstand dabei nicht nur der Stadtsee, der für Badevergnügen sorgt, sondern ein ganzjährig nutzbares Erholungsareal mit viel kühlem Nass, Verweil- und Spielmöglichkeiten und unterschiedlichsten Nutzungsvarianten für Veranstaltungen und Kulturevents und das mitten in der Stadt. Das neue Viertel steht ganzjährig und kostenlos zur Verfügung. Der Klärteich im oberen Bereich wurde nun ebenfalls zum Badeteich umgestaltet, der „Nordsee“ an der Canisiusgasse verfügt über eine große Bühne und über die angelegte Stadtsee-Promenade kann man zu einem neuen Gastrohighlight, dem „Stadtdeck“, spazieren. Am ehemaligen Badeteich wurde der größte Teil der Umgestaltungen durchgeführt, hier ist zwar weiterhin die große Wasserfläche mitsamt der 100-Meter-Bahn erhalten geblieben, aber sonst hat sich viel verändert: Der Uferbereich wurde mit Holzstegen und Betonstufen umgestaltet und es wurden„sanfte Wasserzugänge“ geschaffen, der beliebte Holzspielturm blieb aber erhalten.
Der Stadtsee Horn bietet zahlreiche Möglichkeiten zur Erholung, während die Baggerteiche in Grafenwörth die größte Floating-PV in Mitteleuropa beherbergen.
Badespaß für Groß und Klein. Für die kleinen Badegäste verspricht der „Südsee“ viel Spaß: Es gibt einen Bereich zum Plantschen, Spielen und „Gatschhüpfen“. Die große Liegefläche blieb erhalten, die Sanitäranlagen wurden erneuert und der Kinderspielplatz erstrahlt ebenfalls in neuem Glanz. Das Areal verfügt nun auch über einen Beachvolleyballplatz auf der großen Liegewiese. Alles in allem wurde mit dem Stadtsee nun ein attraktives, familienfreundliches Naherholungsgebiet mitten in der Stadt geschaffen. Dank des ebenfalls angelegten Radweges ist der Badespaß auch sehr gut und umweltfreundlich zu erreichen.
Schwamm statt Pflaster. Das am Parkplatz angewendete Schwammstadt-Prinzip sichert Bäumen in der Stadt das Überleben – ein innovatives Konzept, welches großkronigen Bäumen eine gesunde Entwicklung in befestigten Flächen ermöglicht, indem es unterirdischen Retentionsraum für die Niederschlagswässer schafft. Der Straßenbau muss eine geeignete Struktur aufweisen, die sowohl technischen Straßenbauanforderungen als auch biologischen Anforderungen gerecht wird. Dieses Konzept entlastet zusätzlich das Kanalsystem und versorgt die Bäume in Trockenperioden. Dazu wird Grobsplitt in den Boden eingebaut und verdichtet, sowie Feinsubstrat aus mineralischen und organischen Bestandteilen eingeschlämmt, welches die Bäume versorgt. So entsteht ein durchwurzelbares Porensystem: Grobporen lassen Luft und Wasser in den Boden eindringen und verteilen diese. Die Feinporen halten Wasser gegen die Schwerkraft und machen es zum Teil pflanzenverfügbar. Die Wurzeln von Stadtbäumen werden langfristig gesichert mit Luft, Wasser und Nährstoffen versorgt – eine wichtige Voraussetzung für gesunde Bäume. Parkplätze sind am Stadtsee aber weiterhin vorhanden und E-Ladestationen ebenfalls gegeben.
Schwimmendes Sonnenkraftwerk. In Grafenwörth (Bezirk Tulln) entstand auf zwei ehemaligen Schotterteichen eine 24 Fußballfelder große Photovoltaikanlage, mit einer Leistung von rund 24.500 Kilowattpeak (kWp). 45.304 schwimmende PV-Module sind Teil der größten Floating-PV-Anlage (FPV) Mitteleuropas. Erste Erfahrungen mit schwimmenden PV-Anlagen sammelte man bereits in Deutschland und Dänemark und auch in Asien gibt es große PV-Anlagen auf dem offenen Meer. In Mitteleuropa ist das Projekt in Grafenwörth das erste in dieser Dimension. Umgesetzt wurde es vom niederösterreichischen Energieversorger EVN gemeinsam mit der Mostviertler Firma Ecowind. Zu den großen Vorteilen dieser PV-Anlage zählt unter anderem, dass sie auf einer nicht landwirtschaftlich genutzten Fläche errichtet wurde und dass die Module durch das Wasser von unten gekühlt werden. Die PV-Anlage zeichnet sich durch eine spezielle Bauweise aus: Einzelne Solarboote, auf denen die Module angebracht sind, bilden ein Solarfloß. Auch die Wechselrichter und die Transformerstationen sind auf Booten angebracht, die über eine flexible Vorrichtung miteinander verbunden sind. So können Wind und Wellen ausgeglichen werden. Die Nutzungsdauer wird 30 Jahre betragen.
Naturverträglich? Vor der Inbetriebnahme der Anlage wurden umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt, um sicherzustellen, dass der Betrieb nicht mit dem Naturschutz im Widerspruch steht. „Die vorgelegten Gutachten belegen, dass die PV-Anlage sowohl in den Belangen Natur- und Gewässerschutz als auch für die Elektrizitätswirtschaft in Ordnung geht. In Europa gibt es nicht allzu viele Anlagen wie diese, aber die bisherigen Erfahrungen bestätigen, dass es zu keiner verstärkten Algenbildung durch die PV-Module kommt“, weiß Dr. Herbert Greisberger, Geschäftsführer der Energie- und Umweltagentur des Landes NÖ.
Photovoltaik-Boom. Die Zahl an PV-Anlagen steigt kontinuierlich – und das ist gut so. Innovative Projekte wie jenes in Grafenwörth zeigen, dass sich der dringend notwendige weitere Ausbau nicht nur auf kleinere Anlagen auf Dächern konzentrieren muss. Über die Vorreiter- und Vorbildrolle der Gemeinde freut sich auch der Bürgermeister von Grafenwörth und Präsident des Österreichischen Gemeindebundes, Alfred Riedl. Um uns unabhängiger von fossilen Energieträgern zu machen, braucht es aber zudem einen weiteren Ausbau des bestehenden Stromnetzes. Denn Wind- und Sonnenenergie sorgen aufgrund ihrer Volatilität insbesondere in der Mittagszeit oder bei starkem Wind für hohe Belastungen des öffentlichen Stromnetzes. Laut EVN braucht es für den geplanten Ausbau Erneuerbarer Energieträger daher mehr Umspannwerke und leistungsfähigere Stromleitungen. PV-Anlagen sind ein wichtiger Baustein beim Umstieg auf Erneuerbare Energie, laut Schätzung von Greisberger wird die Sonnenenergie in Zukunft rund 20 % im gesamten Mix ausmachen. Auch am Standort des alten Kohlekraftwerks Dürnrohr und beim Kraftwerk Peisching bei Neunkirchen plant die EVN große Sonnenkraftwerke. In Theiß bei Krems laufen die Arbeiten für Sonnenkraft bereits.
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